Donnerstag, 16. Dezember 2010

und doch



und stellt sie sich
doch ein die stille
zeit da das herz aus
tönen sie sich selber
töpfert - auch wenn

die lieder schon
müde klingen
die texte im radio
so ausgeleiert sind
wie alte gummis

liegt ihnen noch
immer ein funken
inne der zumindest
ein teelicht im herzen
zu zünden weiß


© Beatrix Brockman

Montag, 29. November 2010

nacktes grau

und plötzlich
nackten bäume
in das grau
schlängeln schals
um hälse sich
umwindet
november rote
nasen regnet
dunkel auf
das land und
noch nicht
mal die erste
kerze vermag
den elften
zu erhellen


© Beatrix Brockman

Donnerstag, 4. November 2010

Neuerscheinung am 15.11.2010

Beatrix Brockman
tief im herzen meiner zeit
Lyrik deluxe
132 Seiten

hsl
€ 12,30
ISBN 978-3950-28833-9

"tief im herzen meiner zeit" entstanden die Gedichte, die Beatrix Brockman in diesem Buch präsentiert. Tiefe, Gefühl, Gegenwärtigkeit sind die Bindungen, an die sie geknüpft sind. Sie erzählen Geschichten, zeichnen Impressionen, spielen mit Seitenblicken, riskieren Indiskretionen, legen Bekenntnisse ab.
Ihnen eignet eine heitere Melancholie, ein bisweilen hinterlistiger Humor, eine ganz aus der Mode geratene Empfindsamkeit, eine unverschulte Weltweisheit - eine Weisheit zweierlei Welten, allerlei Welten, außen und innen.
Sie gehen auf Distanz zu sich selbst, zu ihrer Schöpferin, die ihre Liebe und Sehnsucht, ihr Fernweh, ihr Heimweh, ihren Glauben und ihre Zweifel, ihre Freude und ihre Trauer "sprachverschlagen über meere und wortgrenzen hinaus" hebt.


Wie immer im wunderbaren HsLiteraturverlag.

Montag, 18. Oktober 2010

pfeifendüfte

herbst riecht
anders hier

in tennessee
wenn tabak

farmer ihre
blätter im

september
in wackligen

scheunen
räuchern und

pfeifendüfte
weiß über

felder und
straßen wolken




 © Beatrix Brockman

Donnerstag, 7. Oktober 2010

Selbst Wenn

Selbst wenn
ich diesen
Moment in
Streifen risse
und mir ins
Haar wände

selbst wenn
ich deine Küsse
in Seide wickelte
und zwischen
Nerudas Worten
trocknete

selbst wenn ich
die Schmetterlinge
auf Nadeln rahmte
selbst dann währte
dieser Augenblick
nur seine Ewigkeit



@Beatrix Brockman

Mittwoch, 29. September 2010

herbst, ja herbst


tief einsaugen
in bauch und brust
den blauen morgen
mit seinen kumulus

landschaften - die
zehen in erste herbst
kühle tauchen mit
den fußsohlen

neues grassgrün
- erwacht aus der
sommerbräune -
kitzeln. herbst ja

herbst
rufen und
sich im kreise drehen
tief ausatmen in den
blauen morgen und

sich einen seufzer gönnen





© Beatrix Brockman

Donnerstag, 23. September 2010

blackhawk down

gestern ging es wieder
über die äther
blackhawk down 
neun sind nun nicht mehr
später surft wieder das
tagesgeschäft auf radio
und fernsehwellen

nicht mehr tagesfähig
danach sind mütter
frauen kinder männer
von soldat(inn)en
gefangen im fegefeuer
des bangens vor dem
klingeln des telefons

oder den männern
in dunklen uniformen
und ihrem klopfen
an mancher tür



© Beatrix Brockman

Samstag, 18. September 2010

und was ist

Nicht müde werden
sondern dem Wunder
leise
wie einem Vogel
die Hand hinhalten.

Hilde Domin



wenn die kraft
nicht reicht
für das erneut

wenn die haut
- so dünn gerieben
schon - zerfällt

wie jenes welke
rosenblatt? was
wenn der tränen

steter tropfen ein
ausgehöhltes hohles
hinter sich nur lässt?

wird dann auf meiner
ausgestreckten hand
auch ein wunder landen?




©  Beatrix Brockman

Donnerstag, 16. September 2010

An meinen Schutzengel




nein beschütz mich
heute nicht
denn gerade stehe
ich auf festem grund

beschütze lieber sie
aus deren schoß
ich einst entsprang
füll mit lachen

ihre leeren zimmer
und verwais des hauses
ihren wehen mut auf
dass die schönsten bilder

der erinnerung nur  - ihr
von neuem auferblühn




© Beatrix Brockman

Montag, 6. September 2010

tschüss mein mädchen

spür noch meine hand
auf deiner wange
die rücken meiner finger nur
die dich zum abschied streiften

aus erschöpfung warn
die augen schon erloschen
auch schlug dein herz bereits
die letzten takte dir -- nur
wusst' ich's nicht dass mein

bis morgen papa ein
ewig unerfüllt und dass das
tschüss mein mädchen
dein ewig letztes war





Am 7.9.2010 wäre mein Pa 90Jahre alt geworden... Happy Birthday Daddy!

Freitag, 27. August 2010

ein fest

wie ein könig hieltest
hof du an einem deiner
letzten tage schartest alle
die du liebtest und deren
herzen dir gehörten um dich
ließest feiern dich und
deine königin für zwei leben
die vereint generationen schufen

was du für dich behieltest war
dass du auch deinen abschied gabst
dass dein herz das so lange nur
für diesen tag geschlagen hatte
seine stunden bereits zählte
und dass du in diesem anzug schon
so bald dich auf den letzten
deiner wege begeben würdest




©Beatrix Brockman


Montag, 23. August 2010

jenseits

lägen keine bilder
aus abschied und
angst wie geschwüre
auf der pupille und

wögen ungeweinte
tränen nicht schwerer
als ein klagendes
herz dann gäbe es

vielleicht ein jenseits
von trauer und sorge
dann gäbe es vielleicht
ein frei und dann

hingen wie girlanden
salz'ge tropfen um
mein lebenshaus
die im sonnenglanz

vergingen oder auch
den winden anvertraut
sich vermeerten nur weil
ich mir strand - ja hafen - wär



© Beatrix Brockman

Donnerstag, 19. August 2010

gelähmt

wie gelähmt sitze
ich hier meine liebe

versteckend

dich nicht mich
lieben lassend

als käme das

einem verrat an
der trauer gleich



© Beatrix Brockman

bilder



eingebrannt
hinter der stirn
kaleidoskop
der trauer
vermischen sich

mit dem alltag
drängen sich vor
verweigern
verdrängung
nehmen besitz

im traum im
wach minütlich
stündlich täglich
jedoch nie
alltäglich

feiern sie abschied
befeuern sie die
fantasie um eine
gewissheit die so
wohl nie kommen wird




© Beatrix Brockman

das herz

das herz
es strebt
von hier
nach dort
vom dort
ins da

nur die mitte die
vermag's nicht finden

der kopf
er weiß
allein
dem herz
das beiderseits
die waage greift

ist kraft gegeben
diese auch zu halten

in diesem
zwie spalt
aber kann
das ich
sich nur
verlieren



© Beatrix Brockman

Die Namen, die ich kannte



Neulich habe ich
meine Schwester besucht
war fast 'nen Familientreffen
Hinten übern Weg
liegt Onkel Josef
da vorn, ein paar Schritt
weiter nur
Tante Monika. Ganz
erstaunt war ich
als ich Onkel Fritz
entdeckte
Dann hab ich mich
von Tante Elisabeth
und Tante Lene verabschiedet
die hier eintrafen, als ich
noch in den Staaten war.

Auch mein alter
Mathelehrer, der
Theodor C., hatte sich
da eingefunden
und je mehr ich mich umsah
desto mehr Namen erkannte ich
auf den Grabsteinen um mich herum

Da wusste ich noch nicht
wie bald sich mein Vater
zu uns gesellen würde





© Beatrix Brockman

Sonntag, 1. August 2010

was du nicht kannst



wenn sie noch larven
sind dann bist du
ihr leben - die hand
die sie füttert
säubert und tröstet

doch wenn die raupen sich
endlich verpuppen und
als schmetterling dann die
flügel ausbreiten - bleibt
dir nur noch ein platz

an ihrem weltenrand
was du nicht kannst
das ist für ihr glück
zu sorgen - sie zu
bewahren vor den

messerscharfen worten
und missetaten anderer
denen du dich nicht
mehr in den weg zu
werfen vermagst




© Beatrix Brockman

Freitag, 16. Juli 2010

im nachhinein



der tod
ist leichter
als das leid
im mit
im nebenher
im nichts
des hilflos

es laut zu
sagen wäre
sakrileg
läg doch darin
ein wunsch —
ob wahr
gesprochen

oder falsch
gehört — als
würde der
von dessen
mund die worte
tropfen bereits die
stunden zählen



 © Beatrix Brockman

Samstag, 10. Juli 2010

rezeptur für tränen

ein modicum selbstmitleid
ein quäntchen sorge
ein becher angst
eine tasse trauer
eine messerspitze unleidlichkeit
eine prise selbsthass
ein skrupel verlorenheit
eine unze hilflosigkeit

nur noch gären lassen
bis der topf überquillt



@ Beatrix Brockman

Montag, 5. Juli 2010

wir nicht

so vieles war unausgesprochen
so viel schweigen blieb zurück
so viel was man bei uns nicht sagte
worte nicht einmal leis gehaucht

und so lege ich auf diese erde
dir aus tränen meinen strauß
den ich heimlich mir nur pflückte
denn in unseren häuten

weint man nicht





©Beatrix Brockman

Sonntag, 4. Juli 2010

writing poems

writing poems
when you are in mourning
is easy
as your soul pours
itself onto
the page iterating
and reiterating
the pain
that runs like a film
on a never-ending loop
in your mind
forced into the background
sometimes
forcing itself into your
every conscious moment
other times
and there is always
in the very corner
of your heart
that tugging
of loss
of that
it-will-never-be-again





©Beatrix Brockman

Mittwoch, 30. Juni 2010

Dienstag, 29. Juni 2010

un-er-trägl-ich

flacher atem
schnell hebt und senkt
der brustkorb sich
vermag sich nicht
mehr wie der meine
zu dehnen

träumend streckst du
deine hände durch
die luft - wonach sie
wohl greifen?
dann verzieht sich
schmerzhaft das gesicht

mein quantum
an dem was mein
moment er-tragen kann
ist erfüllt - der garten
ruft - die spannung
geht mit

wie hat sie das nur
ein ganzes jahr
tag und nacht
ge-tragen?
diesem tschüss
folgte ein großes

leicht das
sich nicht definieren
lässt - eine sorge
verflüchtigt
hat sich
doch eine andere last


auf die schultern
gesenkt






© Beatrix Brockman

Montag, 21. Juni 2010

Unwirklich

dass deine zeit des leidens
nun vorbei
auch dass die seele
leibesfrei
in Gottes händen liegt
das sei
von herzen dir gegönnt

was bleibt ist dieses
ohne-dich
in unserer mitte
unseren herzen
das wird wohl niemals heil
was bleibt das ist
ein leerer platz

und unglauben
dass in der tat dieses
Tschüss
dein letztes Amen war


© Beatrix Brockman


Nur 5 Tage nach der diamantenen Hochzeit starb mein Vater - trotz schwerer Krankheit sehr plötzlich und überraschend für uns alle!

Montag, 31. Mai 2010

Den Eltern

(zur Diamantenen Hochzeit)

Ihr seid der Fels auf den wir baun
die Sonne um die wir kreisen
seid Fundament und Mittelpunkt
auf so viele Weisen
Wir aßen nie von gold’nen Tellern
kein Silberlöffel stak aus unserem Mund

und doch vielleicht gerade drum war’s
Euer Kind zu sein rundum rund
Ihr gabt uns Regeln gabt uns frei
lehrtet uns – was immer es auch sei –
mit unseren Herzen zu entscheiden
was gut, was richtig, was immer für

einen jeden von uns wichtig
Sechs Jahrzehnte seid Ihr nun ein Team
das stets am selben Strang gezogen
das nicht nur mit dem Mund bekannte
sondern täglich das Bekenntnis lebt
Auch wenn ihr immer Vater - Mutter seid

so zolltet ihr auch uns Respekt, habt
das was euch nicht schmeckte doch
geschluckt wenn es zu unserem Guten war
Habt jeden Tag aufs neu die Hand
zur Hilfe ausgestreckt, und wenn die Kraft
nicht reichte neue euch geschöpft

aus der tiefen Quelle Eurer Liebe


© Beatrix Brockman

Dienstag, 20. April 2010

Soviel ist klar

soviel ist klar: dich
mag ich nicht obwohl’s
mir kaum gelänge
klar zu bestimmen warum
warum? drum frag ich mich

was ich in deinem und
sonst keinem spiegel seh.
zum einem ist’s das fehl
an mut das dir zu deutlich
zu gesichte steht die augen

nur von unten aufgeschlagen
der kopf gebeugt und fragend
schräg trägst du zu markte
was ich mühselig verberge
dass nämlich auch der frau

in mir das herz zum halse
schlägt, der atem ausbleibt
und der hände zittern nur mit
müh’ gebändigt wird zum
anderen ist’s der hunger den

du offen zeigst die teller
füllst und füllst was ich nur
heimlich tu und sich auf unser
beider hüften golden zeigt
und dann bist du nicht schön

genug zeigst täglich mir
den gegensatz zu all den
kindern die sich um uns
tummeln und erwachsen



© Beatrix Brockman

Samstag, 10. April 2010

Am Fluss

Dritter Stock über dem
Cumberland links droehnen
Autos über eine Brücke
rechts quert eine Eisenbahn,
laut hupend die andere

am anderen Flussufer
lärmt Industrie Dennoch
sitzt es sich gut hier
auf dem Balkon begrüßen
die Kardinäle und Meisen

den neuen Saft in den
Bäumen und bringt
ein kleines Boot das
schnell vorbeirauscht
den ruhigen Strom dazu

in kleinen Wellen an
seine Ufer zu meeren.





© Beatrix Brockman

beäugt



wenn ich von meinem
vogelnest mal wieder
ausschau halt und mir
die welt beäug dann reiß
ich euch die masken ab
- doch was darunter liegt

das bleibt auch mir verborgen -
duda im schwarzen anzug
mit dem schlips der du
bemüht das lächeln mühst
und du dem man die grüne
uniform ansieht auch wenn

in jeans du vor mir sitzt
- es sind die worte - markig
zackig männlich herb die
euch verraten und du im
kleinen schwarzen die tasche
elegant und krokoleder vom

ellenbogen baumelnd was
verbirgt wohl deine große
guccibrille vor der welt? all
diese masken seh ich seh
hindurch doch was für ab
reißen ich hielt ist nur

erkennen - ich weiß um eurer
masken existenz und doch
vermag dahinter ich nicht schaun



© Beatrix Brockman

Samstag, 6. März 2010

For as long

For as long
as your voice
can hold this

power over me
As long as
the words you

craft can move
my heart
For as long

as I can rest
in the imagined
that will never be

I can believe
in that which
hasn't been



© Beatrix Brockman

Samstag, 20. Februar 2010

ticktock

bei meinem täglichen
termin mit der roten
linksabbiegerampel
an der ecke charlotte
und 17th ist auch heute
wieder cohen mein arzt
und der mann mit dem
ich ein paar schritte gehe

während der blinker
unermüdlich mein leben
verticktockt ist der
moment auch schon
wieder vorbei im rück
spiegel drängelt der nächste
abbieger zwei stopschilder
drei ampeln weiter

harrt das parkhaus
mit serpentinenirrgarten
deck lila und glasfahrstuhl
meiner -- ehe es wieder
heißt "guten morgen, wie geht
es ihnen? bitte öffnen sie ihr
buch auf seite 274. heute üben
wir 'wenn, als' und 'wann'" -- mit

aussicht auf den weg zurück
zum glasfahrstuhl deck lila auf
den highway zwischen trucks.
verärgert über hintendrängler
rechtsdrängler sichtversperrer
fuß vom gas tempomat ein
zurücklehnen cohen
auf volle dröhnung und repeat

fahre ich zu meinem I'm your man




© Beatrix Brockman

Dienstag, 2. Februar 2010

Ver-Äppelt

den kopf ver-ei-schotet
laufen sie abgeschallt
von außen mit schwarz

äugigen erbsen in den
ohren durch die welt
dabei voll vernetzt mit

ihrem ei-handy oder der
brombeere sind sie doch in
jeder lebenssituation


vernabelschnurt nur mit den
gewollten kontakten den
daumen stets tippbereit

gezückt gekonnt kürzel
verbreitend dabei merken
sie nicht mehr wie sie sich

abschotten davon spontan
sozial zu sein unbekannte
stimmen zu hören oder

neue blicke einzufangen
eine null in der wirklichkeit
brillieren sie nur virtuell

ohne realbezug
in der welt
der nullen und einsen


© Beatrix Brockman

Samstag, 23. Januar 2010

Wachnacht

wie rilkes panter
kreist mein geist
hinter diesen stäben
einer wachen nacht
zu müde um die
dunkle tür zu öffnen
doch gierig darauf mit
den zähnen schlafes
fleisch zu reißen


© Beatrix Brockman

Sonntag, 10. Januar 2010

Das Blümchen M

von Harvard kamst
du uns das lyrikschreiben
lehren didaktisch wertvoll
erst mal fünf zehn egos
im staub zertreten wie
zigaretten stummel

dann systematisch unter
lassen die zukünftige
konkurrenz aufzubauen
und gezeigt wie ungemein
menschlich unkompetent
sexuell frustrierte mittfünfziger

sein können was uns blieb
war ein schaler geschmack
und die demontage eines
ivy league stammbaums
angesichts deiner unverhohlenen
vorliebe zum vernaschen von katzen



© Beatrix Brockman

Freitag, 8. Januar 2010

Ignorance is Bliss



Ich wollte nie in Deinen
Apfel beißen Das Wissen
hat mich nie gefreut Die

Macht die mit ihm hätte
kommen sollen - sie blieb
aus Nur die kleinen Freuden

sind verdorben im steten
Kreisen der Gedanken um
ein anderes Leid um Hilf

Losigkeit Ja leider ist
der Bissen längst geschluckt
der Wurm geschlüpft und

niemand will den
faulen Reichsapfel
zurück




© Beatrix Brockman