Sonntag, 13. Dezember 2015

Dreizehnter Dezember

Und brennt ein drittes Kerzenlicht
im grünen Tannenrund, freuen sich
(Kinder)Herzen an stillen Momenten
und kleinen Geschichten aus
einem schmalen Buch. Spielt auch
das Radio — ganz Klischee —
White Christmas 
und versamtet Bing uns raue Tage,
spielen die Wettergötter trotzdem
weder nach den Regeln des Winters
noch denen des Advents. Trotzdem
stellt sich eine Stimmung ein, die
die innere Kälte langsam vertreibt,
und deren Glanz so nach und nach
Generationen von Augen erreicht.


© beatrix brockman

Montag, 7. Dezember 2015

Achter Dezember

Mein Barbaratag

Dies ist der Tag, der dir gehört.
Auch wenn die Saiten deiner
Mandoline schon lange gerissen.

Dies ist der Tag, der dir gehört.
Wenn wir dir heute eine Kerze
anzünden und dir zu Ehren

Zweige in eine Vase holen. Dies
ist der Tag, der dir gehört. Dieser
Tag im Advent, an dem wir dich

feiern, an dem wir dein Gedeck
auf den Gedankentisch stellen,
an dem wir dir eine Gedankentorte backen.

Dies ist ein Tag im Advent, der nicht
vom Kommen kündet, sondern vom
Gegangensein, von schmerzlichen Lücken,

die keine Kindheitsdüfte füllen mögen. Dies
ist mein Barbaratag, der sich immer jähren
wird und der mich manchmal wundern macht,

ob...

©beatrix brockman


12/2013

Samstag, 5. Dezember 2015

Sechster Dezember

jährt sich der sechste tag
im zwölften monat
meines werweißwievielten jahrs

hab ich tags zuvor
die schuhe weder geputzt noch
sie ordentlich gestellt

klar wünschte ich es füllte sie jemand
doch was soll hinein?
einen klafter seelenfrieden hätte ich gern

das sind drei ellen ruhigen herzschlages
und ein lachter strahlen gerade aus
dem solar plexus — eine tüte weltfrieden

hätte ich auch gern dabei, die würde
ich dann  raubkopieren und zum runter
laden ins  internet stellen

doch weil es beim wünschen bleibt
zünde ich einfach die zweite kerze an
und ruhe einen kurzen moment in ihrem licht



©beatrix brockman

Dienstag, 1. Dezember 2015

besinnende momente




mit geschlossenen augen
beschwöre ich sie
die kindheitsmomente
höre ich die mutterstimme
lesen aus den weihnacht
geschichten, sehe ich ihre
hände — noch nicht verkrümmt —
beim schälen von mandarinen
herrlich duftend so frisch
und fruchtig und doch so
weihnachtlich.  kein kranz
schmückte den tisch, immmer
nur ein gesteck mit schlanken
violetten kerzen. wer fünf
kinder hat leistet sich keinen
wer fünf kinder hat gibt mit
den händen - mit handgemachtem
mit händehalten, manches aus
zweiter hand, mit betenden händen


©beatrix brockman

Dienstag, 17. November 2015

und manchmal hilft auch ein gebet

sie sitzt unter
dem solar plexus
wie ein kleiner
runder ball
mal ist sie klein
und versteckt in

körpertemperatur
mal wird sie heiß
wie eine sonne
breitet sich aus
zerfrisst den magen
wie das herz

manchmal kann
der atem einhalt
ihr gebieten
manchmal ein paar
starke arme und
der herzschlag
eines anderen

manchmal musst du
die gedanken zügeln
die sie zündeln
manchmal bist du
chancenlos und sie
zerfasert nicht
nur tage sondern
ganze nächte

manchmal hilft
auch ein gebet


©beatrix brockman

Freitag, 6. November 2015

Arsprototo

So stolz: Mein Artikel über Eva Strittmatter "Scherben im Bachsand" erschien im Oktober in ARSPROTOTO und endlich halte ich ein Exemplar in den Händen!



Donnerstag, 5. November 2015

worte

lauschst ihnen nach —
goutierst sie leis mit
zungenschnalzen
vertraust dem ersten
abgang nicht mehr
wägst sie erneut
weißt sie nicht zu
deuten — willst lieber
gewürztraminer und
dafür den lambrusco
nicht wahrhaben


©beatrix brockman

Freitag, 30. Oktober 2015

neunundachtzig

im traum schritt er davon 
lange bevor er tatsächlich 
verstummte. unsäglich erbost 
über den versagenden körper 
schimpfte und geiferte der geist, 
machte denen, die ihm zugetan, 
das leben zur vorhölle und ließ 
ihnen den kalten schweiß auf 
der stirne stehen. dennoch 
regierte die liebe über 
seinem sein und der abschied, 
der keiner war, 
ward auf einmal in stein gemeißelt.



© Beatrix Brockman

Freitag, 16. Oktober 2015

kopflastig

zaghaft setze ich den fuß
auf diese woche, ungewiss
ob nicht der eine oder
andere kopfstein zu staub
zerfällt. noch scheint sie zu

tragen, doch die skepsis streckt
ihr hässliches gesicht immer
wieder ums eck, als wäre
sie das salz mit dem man

die hoffnung würzt.

©beatrix brockman

Dienstag, 6. Oktober 2015

geerdet

liebesworte male ich dir auf den leib
während du mich wurzelst
und meine topographie durchpflügst

nachts wird mein schlaf wieder
von worten und bildern zerschlissen
aber in deinen augen ruht mein geist


© beatrix brockman

Sonntag, 4. Oktober 2015

mengenlehre

den anschluss zu finden habe ich mich in die menge begeben. habe mich mal hier und mal dort dazugestellt, gelauscht und war doch allein. gehörte doch nicht dazu. zu dem großen mann mit der perlenkette und seinem freund, der stereotyper nicht hätte sein können. zu der kleinen cellistin, die so burschikos und mit der ich mir nichts zu sagen hatte. und so aß ich schweigend mein mahl, zollte dem gott der geselligkeit seinen tribut und war froh als wir uns dezent zunickten und es nicht mehr unhöflich war, sich zu verabschieden.

© Beatrix Brockman



Donnerstag, 24. September 2015

kleiner himmel

wie die domin
dem glück die hand
ausstrecken, dass es
wie ein vogel
darauf lande,
das habe ich getan
bis die hand verdorrte.

dann fand ich heraus,
dass glück
in der kinderhand ruht,
die sich nach mir streckt,
in den kinderaugen,
die die meinen suchen,
ob ich ja schaue;

in dem kleinen herzen,
das an meinem schläft
während die kleine nase
ein wenig schnauft.

Freitag, 4. September 2015

thekla

honigsüß ihre stimme
während sie in jemandes
ohr flüstert, ein auge auf
dich gerichtet, dass du ja
siehst, dass du es nicht
verstehen sollst. wie eine
fette spinne webt sie ihr
netz, während sie den
einen nachspioniert und
hofft einen fehltritt  zu
finden, hüllt sie andere
in klebrige kokons aus
gespieltem wohlwollen;
manche arglos, manche
das spiel bewusst mit
spielend. ich warte auf
den tag da sie auch ihnen
den teppich unter den füßen
wegzieht. keine frage
des ob, sondern des wann.


©beatrix brockman

Donnerstag, 3. September 2015

wieviel gramm wiegt schön

die komplimente sind verstummt
und die unsichtbarkeit ist wieder
da. als wögen sie alle das schön
auf den briefwaagen in ihrem
kopf; als wärst du nur wer wenn
du nur halb so (sch)wer wie heute.


© beatrix brockman

Montag, 10. August 2015

un.trost



den kopf gerade
die augen leer
schreiten forsche
schritte über
versiegelten beton

der damm bricht
erst in der umarmung
warmer worte und
wenn stimmen dich
dünnhäutig durchdringen

dann wäre schweigen
die bessere herberge
und mit ihm ein lächeln
das nach erlöschen
noch lange in dir glimmt


© beatrix brockman

reality check VII

ihr neuntes leben
hat die hoffnung
längst verloren
ihn ihrem Körbchen
rekeln sich die neins
neben den nein dankes
und über den
viel glück für ihre weitere...

der koffer in der ecke aus
fantastereien ist wieder ausgepackt
und gebeugten hauptes
wandern gedanken wieder
auf alltagswegen


©beatrix brockman

Samstag, 1. August 2015

aber die haut



aber die haut
hat keinen fahrplan
mal hier entlang und mal da
kreuzt deine hand
von lende zu lende

das laken riecht noch
nach liebe und dein haar
— das inzwischen länger
als meines — kitzelt
zwischen den schultern

blättern gedanken gefühls
trunken im wind des decken
ventilators und das glück malt
ein herz in den staub
auf dem Fensterbrett

©beatrixbrockman

ölbaumzweig

streckt sich die hand
 entlang  der nabelschnur
an deren ende
deine kindheit blühte

gern pflegt ich die knospe
hinter tropfenschnüren
an deinen kahlen zweigen
gern ließe ich dich ruhen

in der wiege meiner hohlen hand
oder striche dir die wirren träume
aus dem haar — doch gehst du
deine eigenen straßen

und ich warte den tag da du
frisch gehäutet durch meine türe trittst
und mir legst ein taubenei
in die kammer meines sorgen herzens


©beatrix brockman

wildes kraut

ich  schreib mir  sonne
in den regen, säe wildkraut

an die herzensränder
roten mohn wie blaue blumen

in das gelbe korn
am horizont des heimwehs

lungert angst. vor  dem
verlassensein. so fremd

und auch vertraut wie
das wissen, dass manche

vögel  nicht   in alten
nestern brüten  und dass

auch so mancher distelsamen
an den säumen keimt


©beatrix brockman

Samstag, 25. Juli 2015

ungeschriebenes

heute gehe ich
sommers wanderwege
nur noch mit den augen

sehe ich die mutter
täglich mit den ohren nur
treiben worte losgelöst

und stimmlos durch
ungeschriebene briefe —
kein postbote stellt sie zu

© beatrix brockman

Montag, 29. Juni 2015

entwurzelt

entwurzelt
treibt mein holz
auf dem roten fluss
sehnend strecken sich
luftwurzeln zur sole
tief in der muttererde
feuchte südstaatenhitze
welkt manche worte —
auf dem kaminsims trocknet
ein tränendes herz

© beatrix brockman

Samstag, 14. März 2015

friede

friede wird werden
auch wenn das fügen
so schmerzt, dass es
dir den atem nimmt

friede wird werden
wenn das leid vergangen
und die erinnerungen
wieder blühen und gut sind

friede wird werden
wenn im vorbei zwar
der abschied schmerzt
aber auch ein seufzer

die lungen füllt

© beatrix brockman

Donnerstag, 5. März 2015

Neueste Veröffentlichung: Mit deinen Füßen barfuß gehen!



Pünktlich eingelangt zur Veröffentlichung am 27.2.2015: mit deinen füßen barfuß gehen - Lyrik deluxe von Beatrix Brockman Info:
http://www.hs-verlage.at/programm/info_barfuss.html