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Donnerstag, 11. Februar 2021

geistzeit

wie zwillinge -
deren zellen sich
im mutterleib nicht
trennten - so 
verwachsen sind
diese virustage.
aneinander reihen
sie sich endlos
im zurück wie
im vor. der jänner
von vor einem jahr
unwirkliche erinnerung
an was man tat 
und tun durfte
die zukunft, die
sich vor uns ergoß
inzwischen verdunstet
zwischen isolation 
und masken
fragst du dich 
was wird

© beatrix brockman

Headspace


Like twins 

Whose cells never

Separated in the womb

So conjoined are

These virus days

Endlessly strung 

In the back and

The forth. Last January

Unreal memory

Of what we did 

Were allowed to do

The future, then 

Clear before us

Evaporated by now

Between isolation 

And masks

You ask 

What will be.  

Mittwoch, 12. August 2020

sepia

 sepia

 

in photography 

you’re still alive, 

one young and wiry, 

beautiful, the other 

her long hair coiffed, 

bouffant above the brows

in sepia forever frozen

both the soprano 

and the baritone. 

 

past your frames 

my path leads every day

but rarely do I focus 

on the woman or the man 

my parents captured

too in kodak-color.

 

so loving was your voice 

so rare on paper, too afraid 

that seven years 

of schooling only 

might yield mockery

 

how precious now

the cursive speaks  

to the “little one, beloved 

and so far away” 

whose heart crossed 

oceans every day.

 

and so I linger and reflect 

head bent over words 

– more valuable to me

than gold – and stand before 

your pictures that once

will perish until nothing 

shall remain of us.


© beatrix brockman

Donnerstag, 16. April 2020

Schmetterling...

Ein Hund, sagt man, lässt sich leicht ablenken und konzentriert sich nur selten lange auf ein Ding und springt gern einem Schmetterling nach. So ruft man hier in Amerika oft "Butterfly", um anzudeuten, dass eine Person schnell vom hundertsten ins tausendste gerät. So auch ich. Um 6 Uhr sagt meine innere Uhr "Schluss ist" und ich stehe auf. Nach dem Gang ins Bad, erst mal einen Kaffee. Aber wie das so ist. Ich komme in die Küche und will mein BonVivo Espresso-Töpfchen fertig machen. Da sehe ich, dass mein Mann gestern abend sein Frühstück nur halb vorbereitet hat, also schnell Hafergrütze ins nunmehr im Mini-Slowcooker köchelnden Wasser geworfen. Beim Griff in die Gefrierschublade für seine Beeren stiefelt er im Adamskostüm in die Küche und übernimmt. Wo war ich nochmal? Ach ja Kaffee. Schnell die Bohnen in die Mühle geben und das Espressotöpfchen mit Wasser... grad schnell noch ein Glas Wasser trink..., ach nein mit dem Wasser die Schilddrüsentabletten nehmen, Vitamin C nicht vergessen, da war doch noch was? Die Probiotika im Kühlschrank natürlich. Was seh ich da im Kühlschrank? Keine Milch mehr da für den Kaffee - Ach Mensch, ich wollte doch Kaffee aufsetzen im Espressotöpfchen. Schnell noch die Tasse aus der Spülmaschine nehmen, die wird dabei gleich völlig ausgeräumt, und das Töpfchen steht noch immer nicht auf dem Herd. Jetzt aber, Wasser ins Töpfchen, Kaffeepulver, frisch gemahlen ins Kröpfchen, zuschrauben und auf den Herd. Halt, der Herd muss noch abgewischt werden, sonst geht der Frischluftfilter im Haus auf Orkanblasen, weil die Teilchen in der Luft ansteigen. Jetzt aber wirklich. Töpfchen auf den Herd und angeschaltet. Nur 90 Sekunden später duftender Kaffee in der Tasse, den ich draußen auf der Terrasse genießen möchte. Herrlich ists! Hingesetzt, nein, die Bank ist zu kalt. Also im Stehen an den Gartentisch, wo die Aussaaten stehen und da liegt die Gartenschere. Ach ich wollte doch Ästchen schneiden fürs neue Hügelkultur-Hochbeet.

Zwei Stunden später finde ich den kalten Kaffee auf der Terrasse. Das Hügelkulturbeet ist fast fertig.


Butterfly.....



Freitag, 27. Dezember 2019

kopfsteinlastig



zaghaft setze ich den fuß
auf diese woche, ungewiss
ob nicht der eine oder
andere kopfstein zu staub
zerfällt. noch scheint sie zu

tragen doch die skepsis streckt
ihr hässliches gesicht immer
wieder ums eck als wäre
sie das salz mit dem man
die hoffnung würzt


©beatrix brockman

Donnerstag, 24. Oktober 2019

berlin reality

böden erden: reality 
check nannte ich
früher gedichte
darüber. auch berlin
liefert realität tag um
tag. im archiv tauche
ich ein, in eine andere—
meiner so oft so ähnlich.
vergesse drin die zeit
zerrinnt zwischen
bleistift und fingern;
bald, so bald, wieder
rote erde unter den füßen
reality check andernorts.
dann wird berlin wieder
traum sein so im danach
wie in den monaten davor


© beatrix brockman

Mittwoch, 23. Oktober 2019

fahrrad for future

nicht nur freitags
großstadtwandern
und (be)wundern
der fahrradfahrenden
massenbewegung
die so nachhaltig ihre
kleinsten hinter sich
oder vor sich befördern
sehe (nur ich?)
kleine münder,
nasen und lungen
aug in aug mit
auspuffrohren?
fahrrad for future


©beatrix brockman

Freitag, 18. Oktober 2019

angstkaskade

eigentlich geht es mir
so richtig gut, eigentlich,
bin ich so voller lebensgier.
drum kann und will ich
nicht klagen. will sagen:

ja eigentlich stimmt
alles so lange, bis er
mir die ruhe nimmt,
der wortfunke, der
zu faden angstkaskaden 

führt, bei denen man es
spürt im halse klopfen
und das einzige was
hilft ist hinunterstopfen
der angst mit kauen oder schauen


©beatrix brockman

Samstag, 27. April 2019

nur wenn

wer schreibt schon gedichte wenn er glücklich ist?


nur wenn schatten fallen
fließen sie,
die worte, rhythmisch
aufs papier

ist mein gesicht
der sonnenblume gleich
ins licht gerichtet,
verstummen sie

als ließen
die sonnenseiten
sie verdörren, von
tränen ungewässert

raschelt ihr laub
in einer ecke
des herzens, wo sie
das samenkorn

des nächsten
gedichts wahren



©beatrix brockman

Freitag, 19. April 2019

Intermezzi

in den monaten 
dazwischen gelingt
es dir manchmal 
aus fäden der 
verdrängung und 
hoffnung ein neues 
textil in den mustern
der normalität
zu weben 

verkleinert sich der 
stapel aus kalender
blättern immer weiter
beginnen die fäden
immer häufiger zu
reißen, bis angst
die dünne decke
aus zuversicht 
vollständig aufreißt

dann klammerst 
du die rissstelle
zusammen, stopfst
das loch gebetsmühlenartig
mit schlecht haltenden
mantras, bis jener tag 
verstreicht und das 
nächste warten beginnt


©beatrix brockman

Donnerstag, 21. März 2019

roadmovie- oder straßenkopfkinogedicht II

rollen räder täglich
über asphalt. hin, her.
zum job, zurück.
liegt wo vorher
federn nun ein pelz
— seit tagen schon

mal über-, und mal siehst
du ihn. doch fragst du dich,
auf dem heimweg,
jeden tag, wie lang wohl
so ein stinktier versucht
gegen den tod anzustinken

©beatrix brockman

Donnerstag, 28. Februar 2019

Beobachtungen am Rande des für sie Unvermeidlichen

grausame hoffnung
im herzen da metastasen
sich durch kopf, durch knochen,
durch die leber fressen
— wollen weder kopf
noch seele sich stellen —
den nahenden nicht sehen
weil so grausam hoffnung
den blick trübt, der eigene
schmerz einen anderen
ausgang erzwingen will

auch wenn die erlösung des
einen die des anderen sein wird

aber die kommt erst lange
nachdem sich die nebel
lichten, wenn kampfansagen
nicht länger den blick auf
einsichten trüben, wenn
das loch, das sie noch nicht
kennt, bestandteil des alltags
wird und sie trotzdem
weiter atmen und einen fuß
vor den anderen setzen wird



©beatrix brockman

Montag, 9. Juli 2018

Zäsur

Zäsur

ein schnitt 
ein einschnitt

den zu brücken 
nicht gelingt 

selbst als davincis 
schnitte längst verheilt

liegen ring und ringe 
noch im schrank


© beatrix brockman

Sonntag, 1. Juli 2018

Sonntag, 4. März 2018

Vom Träumebegraben

Heute habe ich – nicht mit der Schaufel - sondern mit den modernsten Kommunikationsmöglichkeiten des 21. Jahrhundert einen letzten großen Traum begraben. Sein Platzen war schmerzhaft – obwohl ein langsamer Prozess des Einsehens und Loslassens, des Wissens um die Unumkehrbarkeit und das Verlorensein des Verlorenen.

Heute nahm ich allen Mut zusammen, auch einem lieben Menschen meine schmerzvolle  Wahrheit zu sagen, seinem Bündel eine weitere Last hinzuzufügen, weil meine Traumblase sie nicht länger hat der schweren Kraft entziehen können.

Heute war der Schritt durch die Pforte der Freiheit alles andere als selbstlos, obwohl es der eigene Wunsch war, den ich mir versagte.

Heute trug ich Verantwortung nur für mich selbst, legte Bürden ab, die ich mir selbst auferlegt, in meinem Bedürfnis, dass Wohle anderer mitbestimmen zu wollen.

Heute war ich eins mit mir, wie ich es schon lange hatte sein wollen.

Dass es so schmerzen würde, wusste ich nicht.

(C) Beatrix Brockman

Montag, 19. Februar 2018

roadmovie- oder straßenkopfkinogedicht

zierlich spreizt er
die schwarzen federn
seines flügels, als
wolle er allen vorbei
fahrenden nonchalant
zuwinken. elegant
ist er schon lange

nicht mehr und sein
geronnenes blut
ist längst im asphalt
versickert. einzig die
abbiegerspur, nur
selten befahren,
als ort des wesens

verhindert, dass seine
existenz vergessen
und seine substanz
von autoreifen fort
getragen wird. seit
sieben tagen winkt
er mir auf dem weg

nach hause, seit
sieben tagen wächst
dieser text in meinem
kopf, sieben tage
lang schon wippen
federn im sog vorbei
rauschender autos,

auch morgen wird mich
seine sterblichkeit grüßen,
gewahr, dass ich weder
sein noch mein
eigenes schicksal
neu denken oder
gar schreiben kann


©beatrixbrockman

Samstag, 30. September 2017

Im Spiegel

stehen wir an
frischen oder bepflanzten
gräbern in anderen

orten oder zeiten
nehmen wir wieder
und wieder abschied

als wäre jetzt
das alter des
müttersterbens

geschieht es
plötzlich hier
zu erwarten dort

und schauen wir
sie doch täglich
im spiegel von

worten, gesten
gesichtern und
sogar zehen



©beatrix brockman

Dienstag, 12. September 2017

vertraulich

sechs jahre standest
du draußen — drücktest
die nase dir platt
am fenster geflüsterter
worte mit dem stempel
vertraulich

nun stehst du an
der tür doch dein
fuß will sich nicht
über die schwelle
heben. selbst sollst du
nun und willst  doch

nicht  —  flüstern

© beatrix brockman

Mittwoch, 6. September 2017

fundstück

und manchmal findest
du etwas wieder
das lange verloren
doch das, was die
sehnsucht nach ihm
schürte, findest du
nicht. dann spürst
du den verlust noch
stärker, denn nun sind
die jahre des sehnens
auch verloren.

©beatrix brockman

Donnerstag, 6. Juli 2017

Nach dem zufälligen Griff in eine Schublade

plötzlich füllen worte
 die vor jahren schon
aufs blatt geflossen
seele, raum und herz.

hastig huschen finger
über tasten suchen
suchen suchen nach
dem band das einmal riss

ist’s auf einmal dann
gefunden, geh’n gedanken
auf die reise — ziel:
das was einmal war

doch du weißt nicht
wann man sich zum letzten
mal geschrieben, man zum
letzten mal sich sah

© Beatrix Brockman