Donnerstag, 6. Dezember 2018

Eisperle



ohne glasbläser ohne pausbäckig
geblähte wangen — nur wintergeschaffen
aus eisig nächtlichem hauch
und dämmerungnass geboren:
vergängliche schönheit die bald wie
ein geist sonnenschein weichen muss


©beatrix brockman

Montag, 9. Juli 2018

Zäsur

Zäsur

ein schnitt 
ein einschnitt

den zu brücken 
nicht gelingt 

selbst als davincis 
schnitte längst verheilt

liegen ring und ringe 
noch im schrank


© beatrix brockman

Sonntag, 1. Juli 2018

Sonntag, 24. Juni 2018

Ujjayi-Atem

Das Meer hat mich schon immer angezogen. Nichts Schöneres gibt es für mich, als darauf zu schauen und der Brandung zu lauschen. Obwohl es das Element des Wassers ist, erdet es mich. Gerade sind wir zum zweiten Mal in diesem Jahr an der Golfküste. Haben 10 Stunden Autofahrt in 2 Autos mit 6 Personen auf uns genommen. Das hatte mich erst davon abhalten wollen. Nun bin hier. Und bereue es nicht.

Im März waren die Strände noch verschlafen, nicht menschenleer, aber geräumig und morgens spurenlos weiß. Jetzt ist Saison. Ich wusste, was das heißt. Menschenscharen um Menschenscharen. Sie stören mich nicht. Jeder geht seinem Tag nach. Man bräunt sich einen Krebs in die Haut. Man schwimmt, spielt Ball, Mütter wiegen ihre Kinder in sanften Wellen.

Ich genieße Strand und Meer in den Morgenstunden, wenn die Sonne noch nicht brennt und das Brechen der Wellen nicht von Geschrei übertönt wird. Wird es mir zu heiß und zu laut, ziehe ich mich auf den Balkon mit Meeresblick zurück, der den Klang des Ozeans für mich bündelt und dessen Höhe die Stimmen mir fremder Menschen mildert.

Fast kann ich die Schnelllebigkeit und Oberflächlichkeit des 21sten Jahrhunderts hinter mir lassen und mich mit geschlossenem Augen dem Ujjayi-Atem hingeben. Wären da nicht die Hubschrauber, die im 10-Minuten-Takt Touristen mit Höllenlärm über den Strand fliegen und das Boot, das vor uns kreuzt, mit einem 8 x 10 m großen Bildschirm, der penetrant blinkend, Werbung für Bars, Restaurants und Veranstaltungen macht. Zum Glück noch ohne Sound...


©beatrix brockman

Donnerstag, 8. März 2018

herzenssache

warum fotografieren
was deine seele nährt
wenn‘s im herzen schon


© beatrix brockman

Mittwoch, 7. März 2018

tümmler

hinter dem strandhafer
ziehen sie ruhig ihre
bahnen. elegant im
bogen erscheint
hin und wieder
eine rückenflosse
während das auge
immer wieder
die wellenkämme
nach ihnen absucht

©beatrix brockman

sonnengruß


nach dem aufstehen ist
der sand noch jungfräulich
tagesspuren verweht
vom wind der nacht

im laufschritt stellt
der strandwärter
mietbare stühle
und schirme auf

genau zwischen den
schildern rechts und
links Privatbesitz
Betreten verboten

einsam rollt einer
seine yogamatte aus
dehnt und streckt sich
zum sonnengruß

langsam erscheinen
immer mehr fußspuren
als drängten sie sich
an die sonnentraufe

nur der getränkekiosk
verschmutzt den klang
von meereswellen mit
poppiger country musik


© beatrix brockman

Dienstag, 6. März 2018

jelly fish

getrieben von wind
und wellen; gestrandet nun
eins mit weißem sand

© beatrix brockman


am straßenrand (haiku)

zart und leblos am
straßenrand nur sein panzer
trotzte den reifen

©beatrix brockman


und dann und wann

und dann und wann
fliegt ein Pelikan
so nah heran
dass man
das Bauchgefieder
zählen kann


@beatrix brockman

Montag, 5. März 2018

vorwärts

und dann gehst du
den ersten schritt
den zweiten, noch

sehr wackelig, doch
voller hoffnung
dass du festen schrittes

vorwärts schreiten wirst


©beatrix brockman

und dann war frieden.



mit dem loslassen ist er
gekommen. nach dem lösen
des klammerns öffneten sich
die weiten des hier und jetzt.

plötzlich ruht die seele in sich
und das kind legt sich friedvoll
in eine ecke des herzens,
schläft seit langem endlich

in sicherheit gewiegt. morgen,
ja morgen, wird es
durch die
geöffnete pforte schreiten.


© beatrix brockman

Sonntag, 4. März 2018

Vom Träumebegraben

Heute habe ich – nicht mit der Schaufel - sondern mit den modernsten Kommunikationsmöglichkeiten des 21. Jahrhundert einen letzten großen Traum begraben. Sein Platzen war schmerzhaft – obwohl ein langsamer Prozess des Einsehens und Loslassens, des Wissens um die Unumkehrbarkeit und das Verlorensein des Verlorenen.

Heute nahm ich allen Mut zusammen, auch einem lieben Menschen meine schmerzvolle  Wahrheit zu sagen, seinem Bündel eine weitere Last hinzuzufügen, weil meine Traumblase sie nicht länger hat der schweren Kraft entziehen können.

Heute war der Schritt durch die Pforte der Freiheit alles andere als selbstlos, obwohl es der eigene Wunsch war, den ich mir versagte.

Heute trug ich Verantwortung nur für mich selbst, legte Bürden ab, die ich mir selbst auferlegt, in meinem Bedürfnis, dass Wohle anderer mitbestimmen zu wollen.

Heute war ich eins mit mir, wie ich es schon lange hatte sein wollen.

Dass es so schmerzen würde, wusste ich nicht.

(C) Beatrix Brockman

Montag, 19. Februar 2018

roadmovie- oder straßenkopfkinogedicht

zierlich spreizt er
die schwarzen federn
seines flügels, als
wolle er allen vorbei
fahrenden nonchalant
zuwinken. elegant
ist er schon lange

nicht mehr und sein
geronnenes blut
ist längst im asphalt
versickert. einzig die
abbiegerspur, nur
selten befahren,
als ort des wesens

verhindert, dass seine
existenz vergessen
und seine substanz
von autoreifen fort
getragen wird. seit
sieben tagen winkt
er mir auf dem weg

nach hause, seit
sieben tagen wächst
dieser text in meinem
kopf, sieben tage
lang schon wippen
federn im sog vorbei
rauschender autos,

auch morgen wird mich
seine sterblichkeit grüßen,
gewahr, dass ich weder
sein noch mein
eigenes schicksal
neu denken oder
gar schreiben kann


©beatrixbrockman

Samstag, 10. Februar 2018

wie lieb ich dich

wie lieb ich dich
du greiser jüngling
mit weißem bart
und noch immer
wilden schwarzen locken
die haut gefaltet
an orten die uns
nie geträumt
ist sie tief drinnen
so frisch und straff wie
deine leidenschaft

für mich


©beatrix brockman

Dienstag, 9. Januar 2018

Zwischen den Jahren

zwischen den jahren
wenn die tage keine
namen tragen, wenn

licht und dunkel mit
einander verschmelzen
bist du in meinem

herzen, in meinem
inneren blick. sehe
ich den zitternden

altersverkrümmten
daumen, der mir
ein letztes mal ein

kreuz auf die digitale
stirn zeichnet und
mich in ein

elternloses
leben entlässt



©beatrix brockman

(10.01.2018 wäre mutters 87. Geburtstag)