Mittwoch, 24. Dezember 2008

Alle Jahre wieder?

Wieder Dudley in schwarz
und weiß bringt vier und
zwanzig Stunden Glitzern
in die Augen von Julia
während der Bischof
wie jedes Jahr krampfhat
den Spenden für die neue
Kathedrale nachjagt
Wieder Herzenswärme
aus den neunzehn
vierzigern mit Cary Grant
mit David Niven mit
der Liebe eines Engels
in einer sich immer wieder
füllenden Flasche einem
kleinen Bäumchen das
Zweig um Zweig bezahlt
und dem römischen Reich
voller Hoffnung


© Beatrix Brockman

Dienstag, 23. Dezember 2008

Unerwartet

So lange schon
den Ring am Finger
so lange schon
ganz frei zu zweit
und doch erstaunt
das Sehnen mich
da kaum die Tür
sich schließt und
nur vier Tage
sechzig Meilen
die halbe Welt
dazwischen liegt


© Beatrix Brockman

Montag, 15. Dezember 2008

Öl auf Leinwand

rahmt mich
deine landschaft
aus armen
aus beinen
aus küssen

im kupfergold
sterbender sonnen
bist du mein
cafe de nuit
die leinwand ich




© Beatrix Brockman

inspired by: @miro

Freitag, 5. Dezember 2008

Erbstücke

so häufig sind sie meiner
stimme amme
schmerz und angst,
erbstücke von der mutter
wie auch
der scheffel für das licht

kurz nur währt die
heilend' kraft
der liebe, wenn göttliche
extase über
sorg und tag sich legt -
dann werden wieder

grau die stunden
back ich
furcht mir in das brot
vorm morgen
vorm allein
vorm ohne dich.


© Beatrix Brockman

Montag, 1. Dezember 2008

Fünfundfünzig

Naht dein Geburtstag
nach Nikolaus
Der dritte nun
ganz ohne Geschenke
ohne Karte ohne dich
Statt Feier nun
ein Kontrapunkt
in der Besinnlichkeit
von Kranz und Kerzen
wird's leichter nicht

Naht dein Geburtstag
vor der Geburt des Herrn
bei dem wir hoffen
dich zu wähnen
Doch fehlt dein Arm
dein warmer Alt
will dein Gesicht
vor mir verschwimmen
wie schön, dass du geboren bist,
sonst hätten wir...
drum wirst du heut
...so sehr vermisst


© Beatrix Brockman

Samstag, 15. November 2008

Chaos im Kopf


Ich sage euch:
man muss noch Chaos in sich haben,
um einen tanzenden Stern gebären zu können.
Friedrich Nietzsche


Schwer ist's, das Chaos im Kopf
zu verdrängen - calm your mind-
darüber kann ich nur lachen
Wie soll man im Moment sein
in den Moment kommen
im Moment kommen
wenn tausenderlei Gedanken
wie fallende Sternschnuppen, aber auch
wie stiebende Funken einer blockierten Bremse
wie eine an das Bein gekette Kugel
den Moment verhindern
wenn dahinter zarte Berührungen
verblassen, die Augen -ob
geöffnet oder geschlossen -
ALLES nur nicht den Geliebten sehen
Schwer ist's das Chaos im Kopf

vom Sterne gebären ganz zu schweigen



© Beatrix Brockman

Dienstag, 11. November 2008

Zeit?



Bild © Eva Cader-Benedix


Zeit?

als wär in jedem tropfen
ein fünkchen zeit mit eingeschlossen
und perl' an perl' gereiht
hängen am halm die tröpfchen zeit
gefädelt ans gras, wer hat's gemacht?
des tages schwester, die tiefe nacht



© Beatrix Brockman

Sonntag, 26. Oktober 2008

Amerika von oben

Über den Wolken
muss die Freiheit wohl
grenzenlos sein
(Reinhard Mey)


I. Große Schluchten

Würmeln sich Wasser
durch bizarre Landschaften
Widerstehen menschlichen
Ecken und Kanten
Graben sich sanft geschwungen
ins Felsgestein, einem höheren Plan
unsichtbarer Mächte folgend

Sind selbst eine Macht, die
der unscheinbare Tropfen
in sich birgt, und die nichts
zurückhalten kann sobald er
sich mit anderen vereinigt
Durst stillt
Städte überschwemmt
schweigende Gebirgsseen speist
oder sich in der Anaconda des
Mississippi verliert




II Gottes/Menschenhand aus 30000 Fuß

Kaffeebraun samtene Bergketten
verlaufen leis in einem
creme-sand-roterdigen Melangetal
menschlich vermessen
rundungsamputiert in Quadraten
gerechtwinkelt nur um dann
anderseitig wieder anzusteigen,
allen geraden Linien trotzend
von gewaltigen Kräften gefaltet
zu neuen braunsamtenen Kaffeebergen





III Anflug auf LA

Wie ein Meer branden Wolken
an die Berge von Los Angeles
Bedecken den Glitzer des Ilex-Walds
und die obdachlos stinkende Scham
mit einem schneeweißen Morgen
Mantel aus weicher Watte
Put your seat in an upright position
stow away your table

und tauche hindurch zu den
unerwartet unbunten Planquadraten
von Orange County




© Beatrix Brockman

Sonntag, 12. Oktober 2008

Ich bin der Februar

Es gibt ihn wieder für 2009

den affengeilen Lyrik-Kalender!!

um eifrige Bestellungen wird selbstverständlich gebeten ;)

Samstag, 4. Oktober 2008

Nashville Morning

Schweigen vereinzelt
Boten neuer Zivilisation
da erstes Herbstlicht
an den Lidern zupft
Klingt leise und verhalten
sich ins Bewusst
eine Musik von
anderen Orten oder Zeiten
- der Westminsterklang
einer unsichtbaren Glocke
eines unbekannten Turms -
ob Rathaus oder Kirche wohl?
will neun Uhr verkünden
und versinkt noch vor
dem letzten Klöppelschlag
in der Moderne
von LKW-Motoren und
Klimaanlagen denen der
junge Herbst nicht kalt
oder nicht warm genug


© Beatrix Brockman

Mittwoch, 3. September 2008

Pan Tau

Ob's Liebe war -
wer weiß das schon
es war ein Jahr
voll Zugehörigkeit
so bildhaft zart
dass - als das Band zerriss
der rosarote Kranich
nicht mehr flog
der Esel keine Schätze
mehr beförderte -
der Schmerz nicht kam
nur leise das Bedauern
und später dann ein tiefes Weh
als ob das Nah, das mir
zu geben angeboren,
zerbräch am Schweigen
das das Uns bedeckt


© Beatrix Brockman

Montag, 28. April 2008

Der Frühling ist noch jung

Der Frühling ist noch jung
sein Grün noch lang nicht
satt -so zart wie's erste
Blatt geigt einsam schon
ein Grillenmann sein Solo

in die warme Nacht. Noch
kann die Stille triumphieren
wenn er ruht, doch nicht
mehr lang. Dann wird ein
Chor aus Streichern in

Straßenrands Orchester-
graben sein und der Ruhe
heller Monde trotzen. Erst
wenn die Grasmücke den
Tag mit ihrem Ruf begrüßt

dann ruht am Halm der
Bogen, und studiert zwölf
Stunden lang der Sechs-
bebeinte seine Noten für
die nächste dunkle Nacht.


© Beatrix Brockman

Donnerstag, 17. April 2008

Einmal noch

Einmal noch dich Bärbel nennen
so ungern du das hörtest. Aus der Ferne
schon die Wärme in deinen Augen kennen
wär schön. Genauso wie ich gerne, so gerne
noch einmal mit dir im Garten säße
in Gespräche vertieft, die Haut voll wilder
Sonne. Ich darüber einfach vergäße
dass ich dich nur noch auf Bildern
treffe und manches Zwiegespräch stumm
und kalt im Tod verhallt. Will nicht mehr fragen
wieso Du und warum. Drei Jahre schon um.
Nur so: Will dir einmal noch Bärbel sagen...


© Beatrix Brockman

Mittwoch, 2. April 2008

Coq au vin

Coq au vin
ein ero(amüsan)tisches Gericht

der homo
nein nicht sapiens
americensis nennen wir
ihn mal
also der männliche ami
an und für sich
den mein ich

der hat viele
kosenamen für
sein liebstes
männlichstes
na-ihr-wisst-schon-was
er nennt ihn
dick, er nennt ihn

schlong, er nennt
ihn peter, und auch
gerne cock und da
war dann diese radio
sendung heute und
sprach vom coq au vin

in vino veritas
sprach ich und stand
zu meinem einzelligen
gehirn, das nicht nur
bei schwellendem sondern
auch bei gekochtem
nur an
na-ihr-wisst-schon-was

denken kann


© Beatrix Brockman

Sonntag, 30. März 2008

Lenz

Reicht Winterjasmin
Forsythien und Narzissen
sein letztes Gelb
im Angesicht
knospender Magnolien
und blühendem Dogwood
Recken Dolden
sich erster Sonnenkraft
entgegen
während der Hyazinthen
Duft bereits verströmt

© Beatrix Brockman

Dienstag, 4. März 2008

Samstag, 12. Januar 2008

Leises Ahnen

Liegt ein Spinnweb
auf dem Tintenfass
blättert Farbe
von trockenem Kiel
zeugen beide von
versiegtem Strom
lassen Leere
und Suchen nach
perfektem Wort
unendliche Kreise
auf ausgetretenem
Teppich nur ahnen


© Beatrix Brockman
12.01.2008